„Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust!“ sagt ein Sprichwort. Und eigentlich sind es ja nicht nur zwei. Es sind vielmehr ganz viele verschiedene Anteile, die in uns wohnen und uns als komplexen Menschen ausmachen. In uns sprechen viele Stimmen – und das hat nichts mit Schizophrenie zu tun, sondern vielmehr mit all den unterschiedlichen Facetten, die ein jeder von uns hat.
Der Kommunikationswissenschaftler Schulz von Thun bezeichnet diese inneren Stimmen als Inneres Team. Und so wie es auch in einem echten Team Konflikte, widersprüchliche Interessen, Koalitionen, Zweckbündnisse, Freundschaften und Antipathien gibt, so ist das auch in unserem Inneren Team.
In einem konkreten Team ist es die herausfordernde Aufgabe der Teamleitung, alle diese teilweise gegensätzlich tickenden Teammitglieder gleichermaßen zu integrieren, so dass jedes seinen Einsatz entsprechend seiner Stärken für das Unternehmensziel erbringen kann.
Und wie ist das nun mit Ihrem Inneren Team? Da sind Sie die Führungskraft und haben die Aufgabe, allen Teammitgliedern gleichermaßen zuzuhören, um schlussendlich eine Lösung für eine Fragestellung zu finden, mit der alle Teammitglieder gut leben können.
Im Coaching gilt es nach dem Modell von Schulz von Thun zuallererst alle Teammitglieder zu identifizieren. Denn auch hier ist es wie in einem tatsächlichen Team: manche Teammitglieder sind lauter als andere und verschaffen sich dadurch schneller Gehör im Team und bei der Führungskraft.
Stellen Sie sich z.B. folgende Situation vor: Sie sind eingeladen worden zu einem Vorstellungsgespräch für eine Position, von der Sie eigentlich meinen, dass sie ein paar Nummern zu groß für Sie ist. Was schießt Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die Einladung sehen?
„Oh Gott, das schaff ich nie!“
„Ich WILL diesen Job!“
„Ich werde mich perfekt vorbereiten, um den Geschäftsführer zu überzeugen.“
„Was ziehe ich an?“
„Ach, das macht doch keinen Sinn. Bestimmt merken die, dass ich nicht kompetent genug bin.“
„Ist das überhaupt die richtige Umgebung für mich, will ich in einem Konzern arbeiten?“
„Nicht zu früh freuen, noch ist ja nichts gewonnen!“
„Das wäre doch gelacht, wenn ich das nicht hinkriege!“
„Hätte ich mal bloß damals mein Studium straight durchgezogen. Und ein Auslandsaufenthalt im Lebenslauf fehlt mir auch!“
Und so weiter und so fort. Diese Stimmen gehören nach dem Modell von Schulz von Thun alle zu unterschiedlichen Teammitgliedern. Häufig blockieren diese sich gegenseitig. Wenn die Kommunikation im Inneren ein einziges Durcheinander ist, können wir oft nach außen nicht authentisch und gewinnend kommunizieren und argumentieren. In dieser ungeklärten Stimmung zum Vorstellungsgespräch zu gehen, wird wahrscheinlich sehr nervenaufreibend sein und nicht unbedingt zum gewünschten Ergebnis führen.
Auch das ist wie bei einem echten Team: ein zerstrittener Haufen wird keine guten Arbeitsergebnisse produzieren. Genauso ungünstig wäre es für das Betriebsklima, wenn sich immer die gleichen lauteren Teammitglieder durchsetzen. Also ist der Ansatz im Coaching: lassen wir jedes einzelne Teammitglied zu Wort kommen und finden wir eine Lösung, bei der alle mitgehen können.
Nach dem ersten Schritt – der Identifizierung der einzelnen Teammitglieder – beschäftigen wir uns mit den guten Absichten der Teammitglieder. Denn so wie in Wirklichkeit beispielweise der Vertrieb genervt sein kann von der Buchhaltung und umgekehrt, sieht es in unserem Inneren auch aus. Und doch haben sowohl der Vertrieb als auch die Buchhaltung positive Absichten für das Unternehmen – sie haben halt bloß unterschiedliche Aufgaben und ein guter Vertriebler tickt anders als ein guter Buchhalter. Beide sind sie unverzichtbar für das Unternehmen. Es gilt, diese Unterschiede anzuerkennen und wertzuschätzen.
Übertragen auf Ihr Inneres bedeutet das: Der Anteil in sich, den Sie vielleicht als bremsend und somit störend empfinden, ist ein notwendiges Gegengewicht zu der Stimme in Ihnen, die großspurig sagt „Ach, Mut zur Lücke, ich verkauf mich einfach so gut, damit Sie mich nehmen müssen!“
Nach der Phase der Identifizierung, nachdem die Teammitglieder alle einmal zu Wort gekommen sind und miteinander diskutieren durften und nach der gegenseitigen Wertschätzung kommt die Neustrukturierung Ihres Inneren Teams. Vielleicht entscheiden Sie, dass die „Druckmacherin“ nun in Teilzeit gehen darf, weil sie seit neuestem durch die „Willensstarke“ entlastet wird, die wiederum durch die „Entspannte“ unterstützt wird? Und vielleicht wird aus der „Prüfenden“, die Sie bisher eher anstrengend fanden, durch einen neuen Titel so etwas wie ein „Qualitätsmanager“, der Ihnen zusätzliche Sicherheit geben kann? Sie können Teammitgliedern neue Freiräume zugestehen, sie durch andere Kollegen entlasten und sie können neue Zweier-Konstellationen bilden. Denn Sie sind die Führungskraft Ihres Inneren Teams.
Das Innere Team lässt sich sowohl für die großen Fragen wie „Soll ich kündigen / soll ich mich trennen / soll ich auswandern“ nutzen als auch für alltägliche Situationen wie „Ich habe jemandem versprochen, beim Umzug zu helfen / zu einer Party zu kommen und jetzt habe ich doch keine Lust mehr.“
Lassen Sie uns gerne in einem Coaching darauf schauen, welche Mannschaft Sie an Bord haben und wie diese in konkreten Konflikt- oder Entscheidungssituationen Sie noch besser unterstützen kann.